Laut der MB-Monitor 2024 Umfrage des Marburger Bundes, die zwischen dem 27. September und 27. Oktober 2024 durchgeführt wurde, sind Ärztinnen und Ärzte in deutschen Kliniken zunehmend mit verbaler und körperlicher Gewalt konfrontiert. Die Umfrage ergab, dass 12 Prozent der Ärzte regelmäßig Beschimpfungen und Beleidigungen erleben, während ein Drittel angibt, gelegentlich solchen verbalen Übergriffen ausgesetzt zu sein. Körperliche Gewalt, wie Schläge oder Tritte, erfahren 10 Prozent der Befragten hin und wieder, und 2 Prozent berichten von solchen Vorfällen häufig. 41 Prozent der Ärzte gaben an, dass die Gewalt in den letzten fünf Jahren zugenommen hat. An der Umfrage nahmen insgesamt 9.649 angestellte Ärztinnen und Ärzte teil.
Die Ergebnisse der Umfrage wurden von Dr. Susanne Johna, der ersten Vorsitzenden des Marburger Bundes, als besorgniserregend bezeichnet. Sie erklärte, dass Ärztinnen und Ärzte bereits unter erheblichem Druck stünden – lange Arbeitszeiten, hohe Verantwortung und der ständige Umgang mit schwerkranken Patienten führten zu großen psychischen und physischen Belastungen. Sie hob hervor, dass es zwar Aggressionen bei einigen Patienten als Teil ihres medizinischen Problems gebe, diese jedoch klar von den inakzeptablen Übergriffen, wie sie häufig von Angehörigen oder anderen externen Personen ausgingen, unterschieden werden müssten. Laut Dr. Johna verschärfe die zunehmende Gewalt die ohnehin belastenden Arbeitsbedingungen und trage zur Frustration und Erschöpfung bei. Sie betonte, dass dringend Schutzmaßnahmen und ein gesellschaftliches Umdenken erforderlich seien.
Die Umfrage, die vom Institut für Qualitätsmessung und Evaluation (IQME) durchgeführt wurde, ist die größte Ärztebefragung in Deutschland. Rund 90 Prozent der Befragten sind in Akutkrankenhäusern und Reha-Kliniken tätig, und 8 Prozent arbeiten in ambulanten Einrichtungen. Über die Hälfte der Befragten (53 Prozent) war zum Zeitpunkt der Umfrage jünger als 40 Jahre, und 54 Prozent der Teilnehmer waren weiblich, was ihrem wachsenden Anteil in der Gesundheitsversorgung entspricht.
Die Umfrage zeigte, dass verbale und körperliche Gewalt meist von Patienten oder deren Angehörigen ausgeht, insbesondere in Notaufnahmen oder auf den Stationen. In vielen Krankenhäusern fehlen jedoch noch wirksame Schutzmaßnahmen wie Sicherheitspersonal oder spezifische Schulungen zur Deeskalation. Etwa 41 Prozent der Marburger Bund-Mitglieder gaben an, dass ihre Einrichtung entsprechende Schutzmaßnahmen bereithält, während ebenso viele dies verneinten. 18 Prozent wussten es nicht.
In den Freitext-Kommentaren nannten die Befragten verschiedene Ursachen für die Gewalt im beruflichen Kontext. Häufig wurden der körperliche und geistige Zustand der Patienten, wie Drogenmissbrauch oder psychiatrische Erkrankungen, als Auslöser genannt. Auch überzogene Ansprüche und Erwartungen der Patienten sowie eine „allgemeine Verrohung in der Gesellschaft“ wurden als Ursachen benannt. Zudem gaben viele an, dass strukturelle Probleme wie lange Wartezeiten, Personalmangel, Ressourcenknappheit und Kommunikationsprobleme zu den Gewaltereignissen beitrugen.
Dr. Johna forderte mehr Aufklärung durch groß angelegte Kampagnen, eine bessere Personalausstattung in der Patientenversorgung und geeignete Schutzmaßnahmen für Ärzte und Pflegekräfte. Sie betonte, dass diese Aufgaben nicht nur bei den Krankenhäusern liegen, sondern auch die Politik gefragt sei, die Rahmenbedingungen in der Gesundheitsversorgung zu verbessern.
Weitere Informationen und eine grafische Darstellung der Umfrageergebnisse sind auf der Website des Marburger Bundes verfügbar.
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung von Marburger Bund – Bundesverband/ Veröffentlicht am 06.02.2025