Die italienische Wettbewerbsbehörde Autorità Garante della Concorrenza e del Mercato (AGCM) hat Ermittlungen gegen mehrere große Automobilhersteller wie Volkswagen, BYD, Stellantis und Tesla eingeleitet. Der Verdacht richtet sich gegen falsche Angaben zur Reichweite und Akkukapazität von Elektrofahrzeugen. Bereits im Vorjahr hatte das Magazin WirtschaftsWoche über Hinweise berichtet, dass die Autoindustrie möglicherweise systematisch übertriebene Leistungsangaben macht und die tatsächliche Batteriekapazität verschleiert. Auch Porsche steht in der Kritik, insbesondere im Hinblick auf das Modell Taycan, bei dem die Reichweitenabweichungen zunehmend auffallen. Die Verbraucherkanzlei Dr. Stoll & Sauer sieht Parallelen zum Diesel-Abgasskandal und empfiehlt betroffenen E-Autokäufern, ihre potenziellen Schadensersatzansprüche durch eine kostenlose Ersteinschätzung zu überprüfen.
Im Rahmen der Ermittlungen untersucht die AGCM potenziell unlautere Geschäftspraktiken im Zusammenhang mit den beworbenen Reichweiten und der Akkukapazität sowie der Standardgarantie für Batterien. Am 20. Februar 2025 wurden, unterstützt durch die Finanzpolizei Guardia di Finanza, die Zentralen der betroffenen Hersteller VW, Stellantis, BYD und Tesla in Italien durchsucht.
Ein zentrales Problem der betroffenen Fahrzeuge scheint zu sein, dass die angegebenen Reichweiten oftmals nicht erreicht werden. Dies könnte mit einer geringeren nutzbaren Batteriekapazität zusammenhängen als von den Herstellern angegeben. Dabei sollen teilweise Batteriereserven absichtlich verborgen werden, sodass Kunden nicht die volle Kapazität nutzen können, obwohl sie dafür bezahlt haben.
Bisher haben sich die betroffenen Unternehmen zu den Vorwürfen nicht umfassend geäußert. Der größte chinesische Elektroautohersteller BYD lehnte eine Stellungnahme ab. Volkswagen und Stellantis gaben ebenfalls keine Kommentare ab, während Tesla, das bereits in den USA mit Sammelklagen wegen falscher Reichweitenangaben konfrontiert ist, für eine Anfrage nicht erreichbar war. Porsche, das in Deutschland mit Klagen konfrontiert ist, hat sich bislang nicht zu den massiven Abweichungen bei der Reichweite des Taycan geäußert.
Neben den Ermittlungen gegen andere Hersteller sorgt auch Porsche mit dem Modell Taycan für erheblichen Unmut unter Verbrauchern. Die Kanzlei Dr. Stoll & Sauer hat Klagen eingereicht, da es bei diesem Modell immer wieder zu erheblichen Reichweitenabweichungen kommt. In den Klagen geht es vor allem um die Rückabwicklung des Kaufvertrages aufgrund von Sachmängeln, insbesondere der unzureichenden Reichweite.
Der Porsche Taycan hat seit seiner Markteinführung bereits 17 Rückrufe erlebt, zuletzt wegen sicherheitsrelevanter Bremsprobleme. Verbraucher berichten von einer Reichweitenabweichung von bis zu 35 %, wobei die tatsächliche Reichweite trotz energiesparender Fahrweise deutlich unter den offiziellen Angaben liegt. Auch die Batteriekapazität und der Stromverbrauch weichen erheblich von den Herstellerangaben ab, was zu weiteren Beschwerden führt. Laut dem Bundesgerichtshof (BGH) liegt ein erheblicher Sachmangel vor, wenn die tatsächliche Reichweite eines Neuwagens mehr als 10 % von den Herstellerangaben abweicht – im Fall des Taycan könnte dies die Grundlage für Schadensersatz oder eine Rückabwicklung des Kaufvertrags darstellen.
Die Ermittlungen und Berichte des Magazins WirtschaftsWoche bestätigen den Verdacht, dass die Autoindustrie in Bezug auf Reichweite und Batterieleistung nicht transparent ist. Die Berichte decken auf, dass viele Elektrofahrzeuge versteckte Batteriereserven besitzen, die den Fahrern nicht zugänglich gemacht werden, sowie Manipulationen durch Software-Updates, die die Akkukapazität gezielt reduzieren. Zudem werden die Reichweitenangaben häufig unter unrealistischen Laborbedingungen ermittelt, die die tatsächliche Nutzung nicht widerspiegeln.
Sollten sich die Vorwürfe gegen die Hersteller bestätigen, könnten betroffene Verbraucher Schadensersatzansprüche geltend machen. Dies könnte Gewährleistungs- und Garantieansprüche umfassen, Schadensersatz wegen unerlaubter Täuschung oder eine Rückabwicklung des Kaufvertrags. Es wird auch vermutet, dass den Herstellern strafrechtliche Konsequenzen drohen, falls sich ein systematisches Vorgehen nachweisen lässt. Die WirtschaftsWoche schätzt, dass allein in Deutschland durch diese Intransparenz ein finanzieller Schaden von über 350 Millionen Euro entstanden ist, wobei die weltweiten Verluste noch höher ausfallen könnten.
Für betroffene Käufer von Elektroautos besteht die Möglichkeit, ihre Schadensersatzansprüche im Rahmen einer kostenlosen Ersteinschätzung im E-Mobilität-Online-Check prüfen zu lassen.
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung von Dr. Stoll & Sauer Rechtsanwaltsgesellschaft mbH/ Veröffentlicht am 21.02.2025