Ab dem 15. Oktober treten die überarbeiteten Bestimmungen der EU-Bio-Verordnung aus dem Jahr 2022 in Kraft. Ein zentrales Element der Neuerung ist die verpflichtend strengere Rückverfolgbarkeit von Produkten. Diese Anforderungen bringen für viele Produzierende erhebliche Schwierigkeiten mit sich – insbesondere für Kleinbauernfamilien in Ländern des globalen Südens. Laut Claudia Brück, Vorständin für Politik und Kommunikation bei Fairtrade Deutschland, sei die Umsetzung mit hohen Kosten verbunden, die viele kleinere Betriebe kaum allein tragen könnten. Sie rechne daher damit, dass zahlreiche Kleinbauern ihre Bio-Zertifizierung aufgeben müssten.
Hohe Kosten und wachsender bürokratischer Aufwand
Die Fortführung der EU-Bio-Zertifizierung führt für viele Betriebe zu deutlich steigenden Kosten. Zusätzlich erschweren umfangreiche bürokratische und technische Anforderungen die Umsetzung. Einige Kooperativen sind gezwungen, ihre Strukturen vollständig neu zu organisieren und sich erneut zertifizieren zu lassen. Lorena Perdomo Romero von der Bio- und Fairtrade-zertifizierten Kaffeekooperative Cafescor in Honduras erklärte, dass die neuen Vorgaben Interpretationsspielraum ließen und dadurch besonders schwer umzusetzen seien. Um alle Produzierenden angemessen begleiten zu können, sei zudem deutlich mehr Personal erforderlich.
Mögliche Engpässe bei Bio-Produkten
In vielen Ländern Asiens, Afrikas und Lateinamerikas droht kleineren Betrieben der Verlust ihrer Bio-Zertifizierung. Dies könnte auch Folgen für Konsumentinnen und Konsumenten in Europa haben, da bei Produkten wie Kaffee, Kakao und Bananen mit Lieferengpässen gerechnet wird. Nach Einschätzung von Brück beobachte Fairtrade bereits eine gewisse Nervosität auf dem Markt. Zahlreiche Unternehmen befürchteten, ab Oktober nicht mehr ausreichend Mengen importieren zu können, weshalb sie bereits in den vergangenen Monaten größere Vorräte angelegt hätten.
Fairtrade lobt Ziel, kritisiert aber fehlende Praxistauglichkeit
Grundsätzlich begrüßt Fairtrade die Einführung weltweit einheitlicher Bio-Standards. Gleichzeitig weist die Organisation auf Schwächen der neuen Regelung hin. Die geforderten Kriterien seien teils zu praxisfern und könnten von vielen Kleinbauernfamilien kaum erfüllt werden. In der aktuellen Form bestehe die Gefahr, dass die Verordnung zu einer künstlichen Verknappung von Bio-Produkten führe. Da die Preise für Rohstoffe wie Kaffee und Kakao derzeit ohnehin hoch seien, entschieden sich manche Produzierende bewusst gegen eine Bio-Zertifizierung, weil sie auch ohne Siegel ausreichend Absatzmöglichkeiten fänden.
Fairtrade mit positivem Wachstum im ersten Halbjahr 2025
Trotz globaler Krisen und steigender Preise verzeichnet Fairtrade im ersten Halbjahr 2025 ein Wachstum von fast sechs Prozent und übertrifft damit das bereits positive Ergebnis des Vorjahreszeitraums. Besonders stark entwickelten sich die Kernprodukte: Der Absatz von Fairtrade-Bananen stieg um rund zehn Prozent, Kaffee legte um etwa sieben Prozent zu. Auch Schokolade, Kekse und Süßwaren erzielten leichte Zuwächse. Der Anteil der Produkte, die neben dem Fairtrade- auch das EU-Bio-Siegel tragen, erreichte im ersten Halbjahr 2025 rund 63 Prozent.
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung von Fairtrade Deutschland e.V./Veröffentlicht am 14.10.2025