Die schwierige wirtschaftliche Lage, die anhaltende Inflation und die restriktive Geldpolitik setzen viele Unternehmen in Deutschland unter enormen Druck. Laut dem aktuellen Zahlungsbarometer von Atradius verschlechtert sich die Zahlungsmoral im B2B-Geschäft weiter. Im vergangenen Jahr stieg der Anteil verspäteter Zahlungen bei den Befragungsteilnehmern von 51 auf 57 Prozent. Frank Liebold, Country Director Deutschland bei Atradius, erklärt, dass die aktuellen Herausforderungen Unternehmen dazu zwingen, ihre Liquidität besser zu schützen, was direkte Auswirkungen auf das Zahlungsverhalten und die finanzielle Unsicherheit hat.
Im letzten Jahr stieg der Anteil uneinbringlicher Forderungen im B2B-Bereich von acht auf zehn Prozent, was letztlich Verluste für die Unternehmen bedeutet. Ein weiterer Hinweis auf die wirtschaftliche Schieflage ist der gestiegene DSO-Wert (Durchschnittliche Forderungslaufzeit in Tagen), insbesondere in der Baubranche, wo fast die Hälfte der Unternehmen einen höheren DSO-Wert als im Vorjahr verzeichnete. Die durchschnittliche Forderungslaufzeit in der Baubranche liegt nun bei 87 Tagen. In der Automobilindustrie beträgt sie 68 Tage, und im Bereich langlebiger Gebrauchsgüter liegt sie bei 45 Tagen.
Die längeren Wartezeiten auf Zahlungen führen zu unmittelbaren Cashflow-Problemen, Schwierigkeiten bei der Erfüllung finanzieller Verpflichtungen und Verzögerungen bei Investitionen, so Frank Liebold. Hinzu kommen steigende Kreditkosten, Abhängigkeit von kurzfristigen Finanzierungen und langsamere Zahlungen der Unternehmen an ihre Lieferanten.
Um den Betriebsablauf aufrechtzuerhalten, müssen Unternehmen vermehrt auf Liquiditätssicherung setzen. Im Baugewerbe gaben 57 Prozent der Unternehmen an, Handelskredite als Hauptfinanzierungsquelle genutzt zu haben. Insgesamt waren Bankdarlehen für 62 Prozent der befragten Unternehmen die wichtigste Finanzierungsquelle.
Die Zukunftsaussichten für die Zahlungsmoral sind düster. 36 Prozent der befragten Unternehmen erwarten eine Verschlechterung, während die übrigen entweder eine Verbesserung oder keine Veränderung erwarten. Die Mehrheit der Unternehmen rechnet damit, Schwierigkeiten zu haben, ihren finanziellen Verpflichtungen nachzukommen, was zu langsameren Zahlungen an Lieferanten führen könnte.
Die Angst vor Unternehmenspleiten wächst. Über 70 Prozent der befragten Unternehmen erwarten ein erhöhtes Insolvenzrisiko im B2B-Handel. Besonders besorgniserregend sind die Einschätzungen im Baugewerbe und der Automobilindustrie, wo 41 Prozent der Unternehmen mit einer Verschlechterung der Zahlungsmoral rechnen.
Die Ergebnisse der Umfrage zeigen deutlich, dass Unternehmen effektive Forderungsmanagement- und Finanzierungsstrategien entwickeln müssen, um den Herausforderungen der kommenden Monate zu begegnen.
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung von Atradius N.V. / Veröffentlicht am 22.05.2024