Die Einkommensentwicklung in Deutschland

Zwischen 1995 und 2021 sind die Bruttostundenlöhne in Deutschland inflationsbereinigt um durchschnittlich 16,5 Prozent gestiegen. Besonders stark stiegen sie seit 2013 im untersten Lohndezil. Dadurch ist der Niedriglohnsektor deutlich geschrumpft. Im Jahr 2021 lag die Niedriglohnschwelle bei 13,00 Euro pro Stunde. Die Haushaltsnettoeinkommen stiegen bis zum Jahr 2020 ebenfalls, im Durchschnitt um ein Drittel. Allerdings hat sich die Einkommensungleichheit in den letzten Jahren nicht verringert, da die oberen Einkommen überproportional gestiegen sind. Dies sind die wichtigsten Ergebnisse einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin), die auf Basis des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) jährlich die Einkommensentwicklung untersucht.

Markus M. Grabka, der Autor der Studie, erklärte, dass der Anteil der Beschäftigten im Niedriglohnsektor auf den niedrigsten Stand der letzten 25 Jahre gesunken sei. Eine der Ursachen hierfür liege in der Einführung und den schrittweisen Erhöhungen des Mindestlohns. Die veränderte Lohnpolitik der Gewerkschaften, die zunehmend auf Mindestzahlungen für untere Lohngruppen setze, wirke sich ebenfalls positiv aus. Mitte der 2000er Jahre arbeitete etwa ein Viertel der Beschäftigten zum Niedriglohn, was international viel war. Mit der Anhebung des Mindestlohns auf 12 Euro im Oktober 2022 waren es jedoch nur noch rund 15 Prozent.

Obwohl die Lohnentwicklung insgesamt positiv sei, sei der Zuwachs im untersten Lohndezil seit 1995 mit rund sechs Prozent am geringsten. In den obersten vier Dezilen legten die Löhne hingegen um etwa 20 Prozent zu. In den letzten Jahren sei die Lohnungleichheit jedoch gesunken und so niedrig wie zuletzt zu Beginn der 2000er Jahre.

Die Niedrigeinkommensquote sei unter Kindern und Jugendlichen überdurchschnittlich hoch, so Markus M. Grabka. Die Kindergrundsicherung könne die Kinderarmut reduzieren. Auch bei den Haushaltsnettoeinkommen, die von allen Personen in Privathaushalten erfasst werden, unterschieden sich die Erhöhungen seit 1995 stark nach Einkommensgruppen: Die zehn Prozent der niedrigsten Einkommen seien gerade einmal um vier Prozent gestiegen, die höchsten zehn Prozent hingegen um etwa die Hälfte. Dadurch sei die Ungleichheit der Haushaltsnettoeinkommen zu Beginn der 2000er Jahre stark gestiegen.

Das DIW Berlin (Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung) sei seit 1925 eines der führenden Wirtschaftsforschungsinstitute in Deutschland. Es erforsche wirtschafts- und sozialwissenschaftliche Zusammenhänge in gesellschaftlich relevanten Themenfeldern und berate auf dieser Grundlage Politik und Gesellschaft. Das Institut sei national und international vernetzt, stelle weltweit genutzte Forschungsinfrastruktur bereit und fördere den wissenschaftlichen Nachwuchs. Das DIW Berlin sei unabhängig und werde als Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft überwiegend aus öffentlichen Mitteln finanziert.

Aktuell sei etwa jeder Sechster in Deutschland von niedrigen Einkommen betroffen. Hier solle die Politik nachsteuern, so Markus M. Grabka. Es müsse eine bessere und schnellere Integration Zugewanderter in den Arbeitsmarkt geben. Ihr Anteil im untersten Einkommensdezil habe sich in den vergangenen 30 Jahren mehr als verdoppelt. Eine gezieltere Förderung der Sprachkenntnisse für Zugewanderte sowie ein Abbau von administrativen Hürden für ihren Jobeinstieg seien notwendig. Zudem müssten junge Erwachsene ohne Berufsabschluss gezielt qualifiziert werden, da sie vielfach dauerhaft von Armut bedroht seien. Außerdem sollte die Kindergrundsicherung zügig eingeführt werden. Die finanzielle Lage der Privathaushalte insgesamt werde maßgeblich durch die weiterhin überdurchschnittliche Inflation beeinflusst. Eine Verbesserung sei auch davon abhängig, inwiefern die Gewerkschaften in der Lage seien, Lohnabschlüsse über der aktuellen Preissteigerung zu verhandeln, denn die Löhne seien weiterhin die wichtigste Einkommensart in Deutschland.

Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung von Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung e.V. (DIW Berlin) / Veröffentlicht am 31.01.2024